Als Optimist ziehe ich auch Kraft aus harter Realität.

Andreas hat es im Kopf. Als studierter Ingenieur der Forstwirtschaft und als Freund von Fremdsprachen liebt er es, diesen mit viel Freude einzusetzen. Doch dann verändert sich alles schlagartig: Ein Tumor und in der Folge zwei Schlaganfälle, die sein Leben tiefgreifend verändern.

Andreas, erzählst du uns von den Ereignissen, die dein Leben so grundlegend veränderten?

Ja, mache ich gerne. Also, als ich im zweiten Jahr meines Jurastudiums war, hatte ich auf einmal starke Halsschmerzen, die mich an eine Angina denken liessen. Bei der Untersuchung stellte sich dann aber heraus, dass die Schmerzen von einem Tumor im Rachenbereich ausgingen. Die Ärzte rieten damals zu einer Strahlentherapie; zu meiner Freude sprach ich gut darauf an und war schon bald wieder krebsfrei. Daraufhin gönnte ich mir – da ich meine Zukunft zurückgewonnen hatte und ich mich mit dieser in Ruhe neu auseinandersetzen wollte – Ferien am Meer. Daraus ergab sich dann nach meiner Rückkehr ein neues Studium an der ETH. 2004 hatte ich meinen Abschluss als Diplom-Ingenieur der Forstwissenschaft in der Tasche. Doch die neu gewonnene Zukunft wurde 2015 abrupt von der Vergangenheit eingeholt: Meine Halsgefässe hatten sich infolge der Strahlentherapie verengt und lösten einen Schlaganfall aus.

Als dickköpfiger Optimist kämpfte ich mich während meiner Reha in mein geliebtes altes Leben zurück.  Hurra. Ich durfte meinen Traumjob als Berater von Stahlnetzen für den Lawinen- und Steinschlagschutz wieder zu 100 % ausüben. Was für eine grosse Freude. Bis ich eines Morgens, ich war bei der Arbeit, plötzlich im Spital zu mir kam. Dieser zweite Schlaganfall traf mich wesentlich härter und hatte mich beinahe vollkommen aus der Bahn geworfen. Trotz intensiver Reha und eisernem Willen wurden die Wahrnehmungseinschränkungen und langsamen Reaktionszeiten zu einem bestimmenden Teil meines Lebens. Vorbei war es mit meinem Traumberuf und Dingen wie Autofahren.

Wie gehst du mit diesen Schicksalsschlägen um?

Ich denke mir immer wieder, dass ich zum Glück an diesem Morgen nicht mit dem Velo ins Büro gefahren bin. Mit dem Auto war ich einfach schneller da, sonst wäre ich vielleicht im Strassengraben statt im Spital gelandet und womöglich nie mehr aufgewacht.

Zudem hat mich mein Schicksal zu obvita geführt. Ja, Ingenieure werden hier nicht wirklich gebraucht, doch ich konnte mich anfangs in der Gartenpflege versuchen. Was mir gefiel, aber sich mit meinen Händen nicht so gut verstand. Dann kam ich in die Reinigung und aktuell arbeite ich als «Junge für alles» in der Zentralküche. Ich mache es jetzt einfach umgekehrt zum geflügelten Begriff: statt vom Tellerwäscher zum Millionär vom Ingenieur zum Küchenburschen. Natürlich ist hier etwas Ironie im Spiel, aber ich bin wirklich froh, etwas Praktikables arbeiten zu können.

Deine Pläne für die Zukunft?

Habe ich eigentlich nicht. Meine Geschichte sagt mir, lass es auf dich zukommen. Klar wünsche ich mir zuweilen, wieder in meinem Ursprungsberuf arbeiten zu können, aber mir diesen Wunsch zu erfüllen, ist trotz viel Optimismus sehr schwierig.

Also halte ich mich an das, was ich hier bei obvita einbringen kann: zum Beispiel mein umfassendes Wissen und meine Fremdsprachenkenntnisse. Das ist alles noch hier drin (tippt sich an seinen Kopf). Auch meine sportlichen Fähigkeiten sind noch weitreichend abrufbar. Ich geniesse es, Velo zu fahren, zu joggen, im Garten oder im Haus zu hantieren. Nur das mit dem Paddeln geht nicht mehr, dazu fehlt mir links die Koordination. Als Ausgleich paddle ich dafür einfach munter durchs Leben.