«Wir bieten Hilfe zur Selbsthilfe»

obvita begleitet und befähigt Menschen mit Beeinträchtigungen auf dem Weg zu mehr Lebensqualität. Darüber haben wir mit Sabine Schmidt und Andreas Fiebrich von der obvita Sehberatung gesprochen.

Sabine, Andreas, obvita ist seit über 120 Jahren die Ostschweizer Kompetenz in der Begleitung von Blinden und Sehbeeinträchtigten. Wie sieht unser Leistungsangebot aus?

Erfahre, welche Leistungen unsere Sehberatung erbringt

Andreas: Unsere Leistungen finden in einem beruflichen und in einem privaten Kontext statt, decken alle Lebensbereiche ab. Im beruflichen Kontext geht es darum, im Fall einer auftretenden Sehbeeinträchtigung oder Blindheit die Berufsfähigkeit aufrecht zu erhalten bzw. gemeinsam mit unserem Job Coaching die Wiedereingliederung in den Beruf zu ermöglichen. Das Spektrum reicht von der Schulung an Hilfsmitteln und der Sensibilisierung des Arbeitsumfelds bis zu sozialrechtlichen Thematiken. Ziel ist immer die Selbständigkeit im Lebens- und Berufsalltag.

Sabine: Wir von Orientierung und Mobilität kümmern uns um das vielfältige private Umfeld unserer Klient:innen. Also zum Beispiel darum, wie man sich sturzsicher im Alltag fortbewegt, wie man sich im öffentlichen Raum orientiert, wie man Wege finden kann, wie man sich in grossen Menschenmengen verhält. Was für uns Sehende manchmal schon stressig sein kann, ist für Blinde und Sehbeeinträchtigte oft eine riesige Herausforderung. Darüber hinaus bringen wir Betroffene zusammen. Das geschieht in unseren Kontaktgruppen in Wil und Weinfelden. Dort lernen die Teilnehmer:innen voneinander.

Du sprichst von Herausforderungen. Wie kann man die als blinde / sehbeeinträchtigte Person meistern?

Sabine: Durch einen ersten Schritt, durch Mut und Vertrauen. Dabei unterstützen wir. Einer meiner Klienten, durch eine Verletzung erblindet, wollte seine frühere Selbständigkeit so weit wie möglich zurückgewinnen. Also begannen wir zunächst vor der Haustür ein paar Schritte zu gehen. Nach einiger Zeit gingen wir um das Haus. Der Klient begann nach einiger Zeit selbst zu trainieren, traute sich immer mehr zu. Heute geht er wie selbstverständlich alleine in die Arbeit und retour. Das ist eine völlig neue Lebensqualität. Ein anderes Beispiel ist die Geschichte von Edina. Sie und mich sieht man auf den Fotos am Trainieren mit dem weissen Stock. Ihre Geschichte ist ebenfalls absolut inspirierend und zeigt, was mit der richtigen Begleitung alles möglich ist.

Für wen ist die Sehberatung generell da?

Sabine: Effektiv für alle Personen, die von einer Blindheit / Sehbeeinträchtigung betroffen sind, in unserem Einzugsgebiet, der Ostschweiz, leben und über eine Verfügung vom Augenarzt haben. Das reicht vom 9 Monate alten Säugling, bei dem auch das Umfeld sensibilisiert und geschult wird, bis zum über 100jährigen, der mit Hilfsmitteln Zeitung lesen und hie und da sogar noch draussen gehen und am Leben teilhaben kann. Wir sind für alle Altersgruppen da.

Andreas: Da unsere Gesellschaft immer älter wird, gibt es auch immer mehr Sehbeeinträchtigte im hohen Alter. Da sind dann auch so Themen wie z.B. iPhone-Schulungen wichtig im Zuge der fortschreitenden Technologisierung der Gesellschaft. Leider tun sich gerade bei Pensionären oft Finanzierungslücken auf, die wir versuchen, durch Spenden zu überbrücken. Damit alle die Begleitung bekommen, die sie brauchen.

Was kann man als Sehender tun, um Blinde im Alltag zu unterstützen?

Sabine: Sehr viel! Menschen, die nie mit Blinden zu tun haben, haben oft eine Scheu, versuchen, sich unsichtbar zu machen, wenn ihnen ein Blinder zu nahe kommt. Sie wollen ja nicht im Weg herumstehen. Dabei hilft ein universelles Mittel: Reden. Die blinde Person einfach ansprechen, fragen, ob man helfen kann. Sich bemerkbar machen und Hilfe anbieten. Aber nur dann helfen, wenn die blinde Person signalisiert, dass sie Hilfe in Anspruch nehmen möchtet. Blinde brauchen manchmal Hilfe, sie sind aber nicht hilflos. Im Gegenteil. Oft sage ich zu meinen Klient:innen, dass Sehende im Umgang mit sehbeeinträchtigten Menschen viel mehr Unterstützung brauchen als sie selbst.

Danke für das Gespräch.



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